Milky Chance – Blossom

In Reviews von Eric

Dass man als deutsche Band weder überteutonisierten Penis-Rock (Rammstein) noch übersimplen Krawumms-Techno (Scooter) machen muss, um international erfolgreich zu sein, bewiesen Milky Chance. Mit ihrer nicht sehr komplexen, aber umso eingängigeren Folktronica eroberten sie die Musikwelt. An ihrem „Stolen Dance“ war 2013/14 in vielen Ländern auf dem Globus kein Vorbeikommen. Und dann – das wurde von vielen Musikjournalisten in Berlin, Hamburg und Köln mit einer Mischung aus Anerkennung und Pikiertheit immer besonders gerne erwähnt – kamen Clemens Rehbein und Philipp Dausch auch noch aus Kassel.

Den Nachfolger des Debütalbums „Sadnecessary“ betreute nun, wie oft üblich nach dem ersten Erfolg von „Indie“-Bands, ein namhafter Produzent. Tobias Kuhn heißt dieser, der auch schon an Thees Uhlmann und Clueso musikalisch Hand anlegte. Kuhn belässt zwar die bekannte Grundierung der Songs zwischen Kiffer-Chill, Tanzbarkeit sowie folky Verspultheit, und allein Rehbeins charakteristisches kehlig-nöliges Organ sorgt für den Wiedererkennungswert.

Darüber hinaus wurden die Stücke von „Blossom“ aber mehr an internationale Popstandards angenähert, d.h. die Beats bumsen mehr, die Gitarrensounds haben mehr Spuren und insgesamt tönt alles nach Mehr. Dadurch geht ein Stück der wabernden Aura verloren, die Milky Chance bis dato umgab. Dafür lassen sich mehr Einflüsse erkennen, von Reggae und Weltmusik à la Manu Chao über den Hyper-Emotionalitäts-Pop von The xx bis zu aktuellem Future-R’n’B. Zudem wirken die Stücke sorgfältiger konstruiert und mit mehr Details ausgearbeitet, beispielsweise die spanischen Gitarren bei „Firebird“, die Gitarren-Arpeggios und geschichteten Harmonien bei „Doing Good“, das Americana-Skelett von „Cold Blue Rain“ (noch deutlicher hörbar in der Akustikversion) oder die Elton-John-Annäherung „Piano Song“. Trotzdem bemerkt man beim Durchhören der gut eine Stunde langen LP weniger Abwechslung, als die Einflüsse vermuten ließen. Denn die gleichmacherische und massenkompatible Produktion nimmt vielen Songs ihr je ne sais quoi.

Milky Chance scheinen schon mit dem ersten Album ihren Sound gefunden zu haben, der von nun an nur noch in Nuancen variiert wird. Und das wiederum unterscheidet sie nicht von Rammstein und Scooter.

Tracklisting

  1. Blossom
  2. Ego
  3. Firebird
  4. Doing Good
  5. Clouds
  6. Cold Blue Rain
  7. Stay
  8. Bad Things
  9. Cocoon
  10. Losing You
  11. Peripeteia
  12. Alive
  13. Piano Song
  14. Heartless
  15. Cold Blue Rain (Acoustic Version)
  16. Alive (Acoustic Version)