Sleater-Kinney – Little Rope

Das neue Album von Sleater-Kinney ist dominiert von einem einzigen Gefühl: Verlust. Co-Frontfrau Carrie Brownsteins Mutter und Stiefvater starben im Herbst 2022 bei einem Autounfall während ihres Italienurlaubs, mitten in der Entstehung von „Little Rope“. Das Weiterarbeiten an der LP und das Gitarrespielen halfen ihr bei der Verarbeitung, die Trauer prägte aber das Songwriting. „Ich habe meine Finger stundenlang über das Griffbrett gleiten lassen, einfach um mich selbst daran zu erinnern, dass ich immer noch zu grundlegenden motorischen Fertigkeiten fähig war, zu Bewegung und zur Existenz“, erklärt die Amerikanerin.

Zusammen mit Bandkollegin Corin Tucker stellte sie sich Fragen, die das Rückgrat des Albums bilden sollten: Wie gehen wir mit Trauer um, mit wem durchleben wir sie, und wie verändert sie uns? Daraus entstanden dann todtraurige Textzeilen wie: „But there’s too much here that’s unspoken and there’s no tomorrow in sight.“ Nur die Selbstbefreiungshymne „Needlessly Wild“ ist eine bemerkenswert positive Ausnahme.

Begleitet werden die teilweise meditativ wirkenden Lyrics von einer komplexen musikalischen Atmosphäre, die von sparsam bis hymnisch, von eingängig bis lärmend reicht. Sleater-Kinney kehren in größeren Teilen zum dynamischen Riot-Grrrl-Punk – mit einer gewissen altersgemäßen Einhegung – zurück, der einen Großteil ihres Oeuvres ausmacht, von dem sie aber vor allem auf ihrer vorletzten LP „The Center Won’t Hold“ abkamen. Die Gitarren schneiden sich ins Ohr, der Bass dängelt extratief und der Rhythmus wird wahlweise vom Schlagzeug oder von Synthesizern vorgegeben. Aber auch ein Indiepop-Stück wie „Say It Like You Mean It“ wirkt hier nicht fehl am Platz.

Auch wenn nicht jeder Song hängen bleibt, ist „Little Rope“ doch ein würdiger Beitrag zu Sleater-Kinneys „Spätwerk“ seit ihrer Reformation 2014.

1. Hell
2. Needlessly Wild
3. Say It Like You Mean It
4. Hunt You Down
5. Small Finds
6. Don’t Feel Right
7. Six Mistakes
8. Crusader
9. Dress Yourself
10. Untidy Creature