Wer kramt nicht gerne in seinen alten Platten und hält plötzlich seine Lieblingsscheibe in der Hand. Bein durchlesen der Titel ist der Kopf plötzlich voller Erinnerrungen. Wie wäre es die Stücke mal wieder live zu hören? Unvorstellbar? Nein! Im Zakk in Düsseldorf ist das möglich. Unter dem Festivalmotto „Lieblingsplatte“ geben sich eine Woche lang sieben Künstler die Klinke in die Hand.
An diesen nebeligen Mittwoch im Dezember hellt Michael Rother mit seinem Debütalbum „Flammende Herzen“ den Abend elektrisch auf. Das gute Stück aus dem letzten Jahrhundert hat knapp 40 Jahre auf dem Buckel und wurde 1976 im Studio von Conny Plank aufgenommen. Im darauffolgenden Jahr wurde das Krautrock-Album veröffentlicht. Was damals in aufwendiger 16-Spur-Technik produziert wurde, wird heute in der Live-Version von drei Musikern umgesetzt. Michael Rother nimmt sich den elektronischen Klängen und der E-Gitarre an, am Schlagzeug befindet sich Hans Lampe – der schon seit La Düsseldorf- und Neu!-Zeiten an den Drums sitzt. Für das zweite Saiteninstrument ist der Berliner Gitarrist Franz Bargmann zuständig.
Im Publikum bewegen sich Menschen, die sicherlich schon vor vier Jahrzehnten zum Elektro- Kraut des Düsseldorfers getanzt haben. Die Jüngeren hingegen hatten die erste Berührung mit dieser Musik wahrscheinlich im elterlichen Wohnzimmer. Am Bühnenrand stehen Fans, die ihr altes Plattencover in der Hand halten. Dabei hoffen sie, dass am Ende des Abends eine Signatur die betagte Papphülle ziert.
Bevor „Flammende Herzen“ die Ohren betört, werden die Zuschauer mit einem ausgesuchten Querschnitt aus Rothers Multimusikalischen Leben der Bands Neu!, Harmonia und Rothers Solowerke beglückt. Die feinen Melodien gehen, nur vom Applaus unterbrochen, nahtlos ineinander über.
Nach vier Stücken ist es endlich soweit. Das rotbunte Cover ragt riesengroß im Hintergrund der Bühne. Ein freudiges Raunen geht durch den prall gefüllten Saal, die bisherige gute Stimmung bekommt mit der Ankündigung des eigentlichen Programms lautstarke Bestätigung und die Gewissheit, dass jeder darauf gewartet hat, „Flammende Herzen“ an einem Stück live zu hören. Die fünf Lieder des Debüts werden in Reihenfolge abgearbeitet. Nach dem Titeltrack und dem Song „Zyklodrom“ kann sich Rother den Spruch „Nun drehen wir die Platte um“ nicht verkneifen. Mit wenigen Wortansagen und einem zufriedenem Lächeln im Gesicht steht der Musiker hinter seinem Mischpult, welches alle Effekt- und elektronischen Geräte beherbergt.
Dass nach dem Durchspielen des einen Albums noch nicht Schluss ist, wurde bereits im Vorfeld angekündigt. Rother greift weiter nach melodiösen Rhythmen aus der Vergangenheit seiner drei musikalischen Leben und lässt die Fans seiner Musik zu Songs wie „Hallogallo“ und „E-Musik“ kopfschüttelnd zum Takt tanzen.