Ólafur Arnalds – re:member

In Reviews von Andreas

Es gäbe viel zu erzählen über das neue, vierte Studioalbum von Ólafur Arnalds (zahlreiche Filmscores sind dabei natürlich nicht mitgerechnet). Etwa, dass der Isländer mit einem Underground-Produzenten namens Bngrboy zusammenarbeitete, weil er sich neue Einflüsse erhoffte, am Ende aber feststellen musste, dass der Kollege meist nur bekifft in der Ecke rumsaß und sein Input eher minimal ausfiel. Oder dass Arnalds die Software „Stratus“ mitentwickelte, die – kurz gefasst – Melodien per Zufall weiterschreibt, entwickelt und über zwei, drei Ecken nun auch für das getupfte Cover des Albums verantwortlich ist. Und noch andere Geschichten.

Viel wichtiger aber ist, dass die Musik auf „re:member“ den bekannten Arnalds-Kosmos im Großen und Ganzen nicht verlässt. Das Album startet mit ein paar zarten Klavierklängen, bevor sich etwas später sanfte Streicher aus dem Hintergrund hineinblenden und noch ein paar Momente später der typische, seit seinen Anfangstagen präsente, Drum‘n’Bass-Rhythmus das Tempo übernimmt. Ein letztes Mal, denn laut Arnalds es ein Abschiedsgruß, ein Zurücklassen des inzwischen allzu Bekannten. Im folgenden „Unfold“ summt S O H N verletzlich zum Klavier, in das man in „Saman“ ähnlich wie bei Niels Frahm quasi hineinkriecht, jedes Klicken und Klacken neben den eigentlichen Tönen hört.

Es ist dieser Dreiklang aus Klavier, Streichern und ein wenig Elektronik, mit dem sich der isländische Komponist auch auf „re:member“ wieder seine eigene (Neoklassik-)Welt baut. Mal karg und direkt, mal opulent und schwelgend. Durchweg ruhig und melancholisch und ohne Aufregung. Dass Arnalds inzwischen mehr Mittel und Finanzen zur Verfügung stehen und er sich so unter anderem erlauben kann, in den ehrwürdigen Londoner Air Studios und mit großem Orchester aufzunehmen, öffnet den Raum für neue Möglichkeiten, die er in genau dem Umfang nutzt, dass die zwölf neuen Tracks ihrer Nähe und unter die Haut kriechenden Intimität nicht beraubt werden.

Tracklisting

  1. re:member
  2. unfold (feat. S O H N)
  3. saman
  4. brot
  5. inconsist
  6. they sink
  7. ypsilon
  8. partial
  9. momentary
  10. undir
  11. ekki hugsa
  12. nyepi