Fotos: Inken
Zugegebenermaßen kam es etwas unerwartet, dass Balthazar „schon wieder“ auf Tour sind, da sie erst im vorigen Jahr mit ihrer „Fever“-Tour zum gleichnamigen vierten neuen Album unterwegs waren. Anfang Februar diesen Jahres jedoch veröffentlichten die Indie-Rocker mindestens genau so überraschend eine neue Single namens „Halfway“. Stilistisch passt der neue Song gut in das Schema des aktuellen Sounds der Belgier; er hat einen treibenden Beat und ist insgesamt dynamischer. Ein guter Grund also, auf etwas Neues zu hoffen, womöglich auch live im ausverkauften Astra.
Zunächst betritt der Support, die niederländische Sängerin Eefje De Visser, die Bühne. Musikalisch bewegen sich ihre Songs in einer poppig-sphärischen Klangtraumwelt, die insgesamt zwar recht schön, aber nicht sehr einprägsam sind. Am Laptop gibt sie den entsprechenden Beat vor, der von ihrer Gitarre und Stimme begleitet wird.
Wenig später kommen Balthazar auf die Bühne und durch die ersten Gitarren- und Basstöne lässt sich der ältere Song „Do Not Claim Them Anymore“ heraushören. Drummer Michiel Balcaen setzt ein und Sänger und Gitarrist Marteen Devoldere stellt sich ans Keyboard. Nachdem die Fans schon am Jubeln sind, legt auch Sänger und Gitarrist Jinte Deprez los. Die Band wirkt anfangs etwas verhalten, taut aber schnell auf.Im älteren-Song-Modus bleibend, folgt das rockige Stück „The Boatman“; danach reihen sich ein paar neue Songs in die Setlist ein. Bei „Watchu Doin’“ steht Jinte im Vordergrund und die Lässigkeit ist förmlich zu hören. Dieser Song ist einer der experimentelleren, den man stilistisch vorher wohl niemals von Balthazar erwartet hätte. Darauf folgt „Phone Number“ und ist Marteens Part. Er haucht und nuschelt die Töne ins Mikrofon, wie man es von dem Sänger gewohnt ist, und wird dabei von einer Gitarre und leichten Drums begleitet. Doch all das harmoniert und lässt den ruhigen Song aufgehen.
Das Astra verdunkelt sich und es sind lediglich zwei Leuchten auf die Bühne gerichtet, die mit dem Nebel verschwimmen. Die Hälfte der Band verlässt die Bühne, im Publikum herrscht eine gespannte Stille. Jinte stimmt mit der Gitarre „The Oldest of Sisters“ von der zweiten Platte „Rats“ an und nach dem ersten Part folgen Trompete und Posaune, die vom Bassisten Simon Casier sowie vom Violinist und Gitarristen Tijs Delbeke gespielt werden. Der Song in diesem Format ist eine freudige Überraschung und mein Balthazar-Herz macht kleine Luftsprünge. Viel zu schnell wird dieser Song beendet, so denken zumindest viele und jubeln, nachdem die letzten Töne von der Trompete erklingen. Der Rest der Band kommt auf die Bühne zurück und „The Oldest of Sisters“ wird in kompletter Besetzung mit einem rockigen Ende fortgesetzt.
Wie schon fast vermutet, wird auch ihr neuer Song „Halfway“ gespielt und kommt offensichtlich gut im Publikum an. Viel mehr neue Infos zu einem anstehenden Album lässt die Band aber noch nicht durchblicken. Bei „Fever“ und „Entertainment“ werden alle Register gezogen und die Band bezieht alles nur mögliche ein, was von den Trommeln über den Einsatz der Violine, wildem Geklimpere auf verschiedenen Instrumenten und einem Posaunen-Solo von Tijs reicht. Die Songs werden bis zum letzten ausgereizt und die Fans steigen voll mit ein, während Marteen im Publikum verschwindet.
Jinte teilt das Publikum bei „Fever“ in einen zweistimmigen Kanon und lässt darauf verlauten, dass wir „talented motherf******“ sind. Insgesamt ist die Stimmung sehr ausgelassen, auch innerhalb der Band wird immer wieder ein herzlicher Kontakt zu den jeweils anderen aufgenommen und sie strahlen eine gewisse Dankbarkeit aus. Die Crew ist voll dabei und wirkt selbst wie die größten Fans. Lediglich zwischen den beiden Sängern Marteen und Jinte besteht eine ganz eigene Dynamik und es ist, als ob zwischen den beiden eine dünne, transparente Wand steht. Sie beachten sich kaum und weichen immer einander aus und sind, ganz im Gegenteil zu den restlichen Bandmitgliedern zueinander, eher abweisend. Dass die beiden sich ignorieren, war bei den Konzerten bisher nie der Fall gewesen, sie waren ansonsten eher am herumspaßen. Wer weiß, nach so langem Touren kann die Stimmung auch mal kippen.
Das Konzert nimmt ein Ende, doch für drei Zugaben kommen Balthazar noch einmal zurück auf die Bühne. Zunächst ist nur Drummer Michiel im dunklen, geheimnisvollen und nebeligem Scheinwerferlicht zu sehen und legt mit dem Saxophon los. Mir zunächst unbekannt, welcher Song gespielt wird, steht wenige Minuten später Marteen mit Akustikgitarre neben ihm und lässt die ersten Zeilen von „You´re So Real“ erklingen. Zu „Grapefruit“, welches daraufhin folgt, wird es noch einmal experimenteller und Einsätze von Violine und Posaune ziehen sich immer wieder durch den Song. Fangesänge bleiben nicht aus und begleiten den Song, die Stimmung ist überschwänglich.
Mein Fazit vom Konzert ist, dass es sich in jedem Fall gelohnt hat, Balthazar erneut zu sehen. Im Gegensatz zum vorigen Jahr fand ich dieses Konzert ein bisschen besser. Mein persönliches kleines Highlight war die Version von „The Oldest of Sisters“ sowie die vielen Einsätze von den Blechbläsern. Dass die Band auch noch rockig-schrammelig spielen kann, hat sie ebenso bewiesen, ganz im alten Stil.