Foto: Alex Lake
Mit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Hopes And Fears“ wurden Keane als die neuen Coldplay gehandelt – zu einer Zeit, also das noch als Kompliment gemeint war. Die Prophezeiung hat sich – das lässt sich 15 Jahre später sagen – nicht erfüllt, dennoch haben die Briten sich eine treue, euphorische und textsichere Fangemeinde bewahrt, wie man an diesem Konzertabend im Lido beobachten kann. Sowohl die Band als auch die meisten Fans sind inzwischen ergraut, vor allem Frontmann Tom Chaplin hat einen deutlichen Silberschimmer in den Haaren. Das hält aber viele Anwesenden nicht davon ab, ihn mit verklärtem Blick (wie damals!) anzuschmachten, trotz Saunatemperaturen im Konzertraum am heißesten Tag des Jahres in Berlin.
Musikalisch bietet der Abend einen Querschnitt aus den bisherigen Alben Keanes, wobei der Fokus auf Songs vom Erstling liegt, und neuen Stücken von der am 20. September erscheinenden LP „Cause And Effect“. Die Band hat erkennbar Lust zu spielen und ist vom tosenden Applaus zwischen den Songs offensichtlich geschmeichelt. Chaplin ist sehr gut bei Stimme und gibt den samtenen Crooner, wird aber immer mal wieder lauter. Tim Rice-Oxley an diversen Keyboards und E-Pianos gibt den abgeklärten Leader der Songs, während Richard Hughes am Schlagzeug den Rhythmus vorgibt. Der vor einigen Jahren als festes Bandmitglied dazugekommene Jesse Quin verleiht den pathetischen Songs am Bass eine angenehme Erdung. So spielt sich die Band souverän durch ihre Setlist, die vom poppigen Opener „Bend And Break“ über das durch seinen Disco-Appeal überraschend aktuell wirkende „Is It Any Wonder?“ bis zum größten Hit der Band, dem immer noch rührenden „Somewhere Only We Know“, reicht. Die neuen Stücke fügen sich unspektakulär ein, auch das als Live-Debüt angekündigte „Put The Radio On“ macht da keine Ausnahme. Nur das treibende, an die Killers erinnernde „The Way I Feel“ sticht etwas heraus. Ansonsten wird in Schweiß gebadet und in Erinnerungen geschwelgt mit einer Band, die offensichtlich wieder richtig Bock hat.