Foto: Jonathan Chu
Die ersten herbstlich-kalten Tage nach dem Sommer sind immer besonders ungemütlich. Wie gut, wenn man sich da an Musik wärmen kann. Allein wegen ihrer kalifornischen Herkunft sind die Local Natives prädestiniert als musikalische Heizlüfter, aber vor allem liegt es an ihrem warmen Sommerbriesen-Sound. Dieser wird, und das wird live an diesem Abend im sehr gut gefüllten Berliner Lido besonders deutlich, in ausgefeilte, komplexe Arrangements gekleidet.
Der Wechsel des Musikinstruments, auch mitten im Song, ist für die Mitglieder des Quintetts nichts Besonderes. Diverse Schlag- und Perkussionsinstrumente sorgen für synkopische Rhythmen, jubilierende Gitarrenakkorde treiben die Songs voran, und der von Stück zu Stück wechselnde Lead-Gesang sowie die drei- bis vierstimmigen Gesangsharmonien insbesondere in den Refrains sorgen für choralen Wohlklang. Die Band aus Los Angeles steht in der Tradition der Beach Boys, betreibt aber keineswegs Epigonentum, sondern macht einen faszinierenden Vorschlag, wie Indierock im 21. Jahrhundert klingen kann. Die Männer um Sänger/Gitarrist Taylor Rice sind erfahrene Musiker, geben dem Publikum aber trotzdem das Gefühl, Spaß an ihrer Arbeit zu haben. Insbesondere zeigt sich das, als Rice zu den Klängen von „Sun Hands“ in die Menge steigt und sogar die bühnennähere Hälfte der Zuschauer*innen zum Hüpfen animiert.
Weitere Highlights der Setlist sind das von grandioser Rhythmik beherrschte „Wide Eyes“ von der Debütplatte; „Fountain Of Youth“, das ein ruhige Strophen mit einem explodierenden Refrain verbindet, und von der Band den klimaprotestierenden Jugendlichen gewidmet wird; das mit einem doscoiden Drumbeat ausgestattete „When I Am Gonna Lose You“ vom aktuellen Album „Violet Street“, bei dem Rice seine Stimme zu einem Falsett-Gesang à la Prince treibt und das den regulären Konzertteil beendet; und der Abschlusssong der Zugabe „Who Knows Who Cares“, der live im Vergleich zur LP-Aufnahme viel an Kraft gewinnt.
Nach dem Konzert der Local Natives tritt man viel einfacher auf die kühlen Berliner Straßen. Denn man ist jetzt von innen gewärmt.