Foto: Martina
Als Mitte der achtziger Jahre alles glänzte und der Snthiepop sich von Tag zu Tag vermehrte, machten die Gebrüder Reid mit ihrem ohrenbetäubenden Sound in der hellen Musikwelt auf sich aufmerksam. Mit Lederjacke, Wuschelfrisur und einem desinteressierten Gesichtsausdruck machten die Shoegazer ihren verzerrten Garagensound vor drei Jahrzehnten mit dem Debüt „Psychocandy“ salonfähig. Und das bis heute, denn 2017 erscheint ein neues Album – „Damage and Joy“. Aber dem nicht genug, nach 20 livelosen Jahren in Deutschland, wird das Album mit einer dazugehörigen Tour ergänzt.
Eine Nebelwand umschließt die Musiker. Die Körper der Bandmitglieder sind aus dem hinteren Drittel der Halle nur als Silhouetten wahrzunehmen, alles wirkt verzerrt und verschwommen. Das ist genau die richtige Atmosphäre für die verwaschene Gitarrenmusik der Schotten. Die Show startet mit einem neuen Stück „Amputation“, doch gleich zu Beginn wird auch schon der erste Klassiker aus dem Hause Jesus And Mary Chain eingebaut. „April Skies“ sorgt für Furore in den mittlerweile dicht gefüllten Reihen. Das Publikum wirkt ruhig, betäubt vom Sound, der gar nicht lärmend, sondern an einigen Stellen weichgespült aus den Boxen kommt. Nach den Songs tauen die Fans richtig auf, um das Gehörte mit Applaus zu besiegeln.
Wer bei diesem Konzert viel Show erwartet, ist hier fehl am Platz. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern ist Jim Reid die einzig bewegliche Person auf der Bühne, die ihren Platz verlässt. Allerdings sind die Bewegungen ebenso minimiert wie die Mimik des Sängers. Der Frontmann macht stets die gleichen, bedachten, wenigen Schritte vom Mikro bis zum Schlagzeug und zurück.
Der dichte Klang alter Lieblingslieder und Neuem bewegt die Körper wie von Geisterhand geführt zum Takt, der Kopf senkt sich automatisch in Shoegazer-Position. Die aktuellen Stücke passen sich soundtechnisch gut dem Backkatalog an und reichern den besonderen Abend perfekt an.
„Nine Million Days“ leitet den Zugabeblock atmosphärisch ein, der sich mit „Just Like Honey“ weiter steigert. Der Wellengang aus „Darklands“ und „Psychocandy“ wird das i-Tüpfelchen des Glücklich sein an diesen Abend.