Grimes – Miss Anthropocene

In Reviews von Eric

Das neue Grimes-Album „Miss Anthropocene“ (Anthropozän bezeichnet die aktuelle geologische Epoche, in der der Mensch der wichtigste globale Einflussfaktor geworden ist) soll die Geschichte der gleichnamigen Göttin des Klimawandels erzählen, eine Dämonin/Schönheitskönigin, die das Ende der Welt genießt. Durchgeknallt? Schon, aber auch gewohnt und passend zu Claire Bouchers Kunstfigur Grimes, die zwischen Pop-Retterin und Batman-Bösewicht oszilliert, die mit merkwürdigen Interview-Aussagen irritiert und mit der Hassliebe aller Öko-Progressiven, Elon Musk, liiert ist.

Obwohl einige Songs ihrer dritten Major-LP von der Auslöschung der Menschheit und der Hoffnungslosigkeit für die Zukunft unseres Planeten handeln, bleibt auf anderen Stücken Platz für Persönliches wie den Verlust von geliebten Menschen und der öffentlichen Beurteilung ihrer Beziehungen.

Die musikalische Ausführung wiederum ist nicht so gaga, wie das Konzept der Klimawandel-Göttin erwarten lässt. Vielmehr ist die Platte ein Schaulaufen der von den beiden Vorgängern „Visions“ und „Art Angels“ gekannten Sounds, auf denen Grimes Mainstream-Pop mit abseitigeren Klängen mischte. Industrial-Synthies vermengen sich mit Akustikgitarren, clubbige Beats mit cheesy Keyboards. Dazu federt und fasert die Stimme der Kanadierin mal weniger, mal weniger computerbearbeitet über die Songs.

Manches, was Grimes probiert, funktioniert schlicht nicht, etwa die Verbindung von Drum & Bass mit Bollywood-Samples bei „4AEM“. Dennoch ist ihre Welt zwischen Manga-Buntheit, persönlichen Kämpfen und drohender Klimakatastrophe faszinierender und vielschichtiger als die aller anderen Popstars.

Tracklisting

  1. So Heavy I Fell Through The Earth
  2. Darkseid
  3. Delete Forever
  4. Violence
  5. 4AEM
  6. New Gods
  7. My Name Is Dark
  8. You’ll Miss Me When I’m Not
  9. Around
  10. Before The Fever
  11. IDORU